Achtung! Das nachfolgende Thema sorgt bei Hebammen für graue Haare und schlaflose Nächte! Das Qualitätsmanagement, kurz QM, ruft bei den meisten eine ähnliche Euphorie hervor wie die Steuererklärung. Wie es zu erledigen ist, welche Verpflichtungen Hebammen dabei zu erfüllen haben und welche Vorteile es sogar für die Hebammen selbst bietet, haben uns die Heidelberger Hebammen Anja und Marie im Podcast erzählt.
Warum gibt es überhaupt Qualitätsmanagement für Hebammen?
Im Jahre 2015 wurde im Hebammenhilfevertrag im Rahmen des Hebammengesetzes das Qualitätsmanagement für freiberufliche Hebammen, die mit den Krankenkassen ihrer Kundinnen (unter Hebammen und daher auch im Folgenden „ihre Frauen“ genannt) abrechnen, geregelt. Es verpflichtet freiberufliche Hebammen, seit dem Jahr 2018 ihre Arbeit hinsichtlich der Qualitätsstandards schriftlich zu dokumentieren, wesentliche vertraglich geregelte Leistungen aufzuschreiben und die Zufriedenheit ihrer Frauen in anonymisierten Fragebögen abzufragen.
Wie ist das Qualitätsmanagement geregelt?
Das Thema Qualitätsmanagement begegnet Hebammen spätestens, wenn sie in die Freiberuflichkeit starten. Denn dann müssen sie in ihrem QM-Handbuch, einem gewissermaßen personalisierten „Freiberuflichen-Hebammen-Standard“ festhalten, wie gewisse Leistungen bei ihnen ablaufen. Diesen Standard müssen sie immer dann einhalten, wenn sie über die gesetzlichen Krankenkassen abrechnen. Persönliche Daten, Anerkennungsdokumente, Regelungen zur Erreichbarkeit runden die Angaben im QM-Handbuch ab.
Ebenfalls zum Qualitätsmanagement einer freiberuflichen Hebamme gehört die regelmäßige Qualitätskontrolle der eigenen Arbeit durch das Einholen von anonymem Feedback bei den betreuten Schwangeren. Dies hilft den Hebammen, ihren Standard regelmäßig zu überprüfen. Zudem sind sie auch verpflichtet, regelmäßige Gesetzesänderungen und Anforderungen, die ihre Arbeit betreffen, nachzuprüfen und ihren Standard darauf anzupassen.
In jährlichen Stichproben kann der GKV-Spitzenverband, in welchem alle gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland organisiert sind, einzelne Hebammen herausgreifen und sie auffordern, ihr Qualitätsmanagement rückwirkend bis in das Jahr 2018 zu belegen.
Kommt eine Hebamme dieser Aufforderung selbst nach einer Frist von sechs Wochen nicht nach, so kann sie im extremsten Fall von ihrem Beruf ausgeschlossen oder aufgefordert werden, alle Bezüge, die sie 2018 erhalten hat, an die Krankenkassen zurückzuzahlen.
In welcher Form können Hebammen ihr Qualitätsmanagement leisten?
Formale Anforderungen an das Qualitätsmanagement gibt es gegenüber den inhaltlichen weniger: So können Hebammen ihre Standards handschriftlich festhalten, am PC niederschreiben oder auch digitale Tools verwenden. Außerdem sind sie nicht verpflichtet, sich beispielsweise jeden Tag um ihr QM zu kümmern. Manche Hebammen machen es monatlich, andere vierteljährlich, wiederum andere dann einmal im Jahr. Wer sich jedoch nur einmal jährlich um sein QM kümmert, der hat einen großen Batzen an Arbeit vor sich. Vielleicht benötigt man in diesem Fall sogar länger, da manche Informationen zu Neuerungen nicht mehr ganz frisch sind und Erinnerungen an einzelne Besuche erst mühsam aufgefrischt werden müssen. Hier empfehlen sich also eher regelmäßige Abstände.
Wer zunächst anfängt, sein QM handschriftlich zu erledigen, kann jederzeit dazu übergehen, beispielsweise ein digitales Tool zu verwenden und umgekehrt. Feste Vorgaben gibt es hier nicht, Hauptsache die Dokumentation erfolgt. Außerdem muss eine freiberufliche Hebamme regelmäßige QM Fortbildungen absolvieren. Derzeit sind dafür pro Jahr acht Fortbildungsstunden vorgesehen.
Besonders praktisch an digitalen Tools und spezieller Software ist es, dass diese dem Qualitätsmanagement eine Struktur vorschlagen, an der die Hebamme sich orientieren kann. Außerdem gibt es Software, die an bestehende Fortbildungen oder aktuelle Neuerungen erinnert.
Welche Vorteile bietet das Qualitätsmanagement den Hebammen selbst?
Auch wenn für viele Hebammen das Qualitätsmanagement meistens eine lästige Pflicht und für andere sogar ein regelrechtes Schreckgespenst ist: Es kann im Alltag auch nützlich sein. Außerdem ist es eigentlich nicht neu. Denn in ihren Köpfen betreiben die meisten Hebammen sowieso schon seit jeher eine Art Qualitätsmanagement und reflektieren ständig ihre Arbeit, suchen nach Verbesserungspotential oder holen sich Feedback ein.
Dennoch unterstützt ein standardisierter Prozess diese Abläufe zusätzlich. Wenn beispielsweise eine Hebamme den Inhalt ihrer Tasche oder ihre Vorräte an Medikamenten und Materialien überprüft, so hilft eine Checkliste dabei den Überblick zu behalten. Außerdem fördert das regelmäßige Ausgeben anonymisierter Fragebogen vielleicht auch so manche Erkenntnis zutage, die sich eine Frau im Gespräch von Angesicht zu Angesicht so nicht zu äußern getraut hätte.
Das Qualitätsmanagement ist also nicht nur ein verpflichtender Prozess, sondern auch eine echte Chance zum Wachsen und zum Lernen, zum Schulen von Selbstorganisation und zum Erkenntnisgewinn. Und wenn erst einmal der innere Schweinehund überwunden ist, dann wird es auch ganz schnell Teil des normalen Hebammenalltages.